Steigende Steuereinnahmen und sinkende Zinsbelastungen haben in den letzten Jahren für eine gute Haushaltssituation in vielen deutschen Kommunen gesorgt. Diese positive Entwicklung ist allerdings durch die Coronakrise gefährdet. Welche Herausforderungen auf die Kommunen im Zins- und Schuldenmanagement zukommen und welche Rolle digitale Vermittlungsplattformen spielen werden, zeigt unsere Studie „Kommunales Zins- und Anlagemanagement in Zeiten digitaler Plattformen“, die das KOWID Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge an der Universität Leipzig in Kooperation mit der ING, komuno und Giro Solution (Sparkassen-Finanzgruppe) durchgeführt hat. Unterstützt wurde die Studie vom Deutschen Städte- und Gemeindebund.
Kommunalfinanzierung
Bereits der finanzielle Spielraum bezüglich liquider Mittel bereitet vielen Kommunen Sorgen. So gaben mehr als die Hälfte der befragten Kommunen an, dass sie mittelfristig nur einen begrenzten finanziellen Spielraum haben und ein Fünftel gab sogar an, über keinen Spielraum zu verfügen. Entsprechend hoch ist die Bereitschaft der Kommunen Investitionskredite aufzunehmen. Über 74 Prozent der befragten Kommunen wollen in einem größeren Ausmaß als in den vergangenen fünf Jahren Kredit aufnehmen. Dies wird durch das günstige Zinsumfeld weiter begünstigt.
Die Folgen des Niedrigzinsumfeldes
Das Niedrigzinsumfeld sorgt zwar dafür, dass die Kommunen Zinsausgaben einsparen können, andererseits fallen die Zinserträge bei der Anlage von Finanzvermögen niedrig aus. Zwei Drittel der Kommunen sehen die Situation dennoch positiv. Die Zinsersparnisse, die sie durch die Umschuldung langfristiger Verbindlichkeiten erreichen können, überwiegen in diesem Fall die Nachteile. Dabei zeigt sich, dass lange Zinsbindungen in Abhängigkeit von der Gesamtverschuldung einer Kommune bevorzugt werden. Je höher der Schuldenstand, desto mehr steigt das Interesse von Kommunen an längeren Zinsbindungen.
Anlagemanagement von Finanzvermögen
Weniger als ein Viertel der befragten Kommunen weist signifikante Vermögenseinbußen im Zusammenhang mit dem derzeitigen Niedrigzinsumfeld auf. Städte mit einer dezidierten Anlagerichtlinie verzeichnen hierbei rund zweimal mehr Vermögenseinbußen, als Städte ohne dezidierte Anlagerichtlinie. Dies könnte zum einen daran liegen, dass die Richtlinien die Anlagemöglichkeiten derart beschränken, dass die erzielbaren Renditen geschmälert werden. Zum anderen könnte es auch mit dem verfügbaren Finanzvermögen der Kommunen zusammenhängen. Kommunen mit dezidierten Anlagerichtlinien haben durchschnittlich höhere Finanzvermögen, was insgesamt zu vergleichbar höheren Verlusten führt. Als Gegenmaßnahmen infolge der Vermögenseinbußen nutzen die Kommunen vorrangig risikoaverse Instrumente, wie längerfristige Anlagen oder festverzinsliche Anlagen bzw. solche mit geringem Risiko. Besonders Kommunen mit höherem Vermögen nutzen dabei auch zunehmend nachhaltige Investments.
Kredit- und Vermittlungsplattformen werden bedeutender
Die Studie zeigt, dass Online-Vermittlungsplattformen zunehmend an Bedeutung gewinnen, insbesondere bei stärker verschuldeten Kommunen, die so ihren Handlungsspielraum verbreitern. Auch wenn bereits rund ein Drittel der befragten Kommunen derartige Vermittlungsplattformen nutzen, hemmen vor allem fehlende Bedarfe noch die flächendeckende Nutzung. Die Qualität der Angebote oder fehlendes Bewusstsein für die Vorteile der Plattformen spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Für die Kommunen stehen insbesondere der erweiterte Zugang zu Darlehensgebern, die Zeitersparnis und günstigere Kreditkonditionen als Vorteile von Vermittlungsplattformen im Vordergrund.
Die komplette Studie mit den Detailergebnissen können Sie hier anfordern. Studie anfordern