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Wholesale Banking

Der LIBOR (London Interbank Offered Rate) war und ist einer der wichtigsten Referenzzinssätze für die globalen Finanzmärkte. Er gibt an, zu welchen Raten sich Banken erstklassiger Bonität Kapital unbesichert untereinander leihen können und wird von der ICE Benchmark Administration (IBA) täglich unter anderem noch für den US-Dollar (USD) veröffentlicht. Weltweit nutzen unterschiedliche Finanzprodukte wie Derivate, Anleihen, Kredite oder Verbriefungen im Umfang von hunderten von Billionen Euro Referenzzinssätze wie den LIBOR, den EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate) oder den TIBOR (Tokyo Interbank Offered Rate).

Neue Referenzzinssätze auf Basis realer Transaktionen

Nach dem LIBOR-Skandal, bei dem 2011 Manipulationen des LIBOR und anderer Referenzzinssätze durch beteiligte Bankenhändler aufgedeckt wurden, veröffentlichte die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden 2013 eine Reihe von Grundsätzen zur Berechnung von Referenzzinssätzen, die 2014 durch einen Bericht des Financial Stability Board mit Empfehlungen für die Reformierung der wichtigsten Referenzzinssätze ergänzt wurden. Daraufhin verabschiedete die Europäische Union im Jahr 2016 die sogenannte Benchmark-Verordnung (BMR), die festlegte, dass Referenzzinssätze auf realen Transaktionen beruhen müssen. Benchmarks, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, müssen ersetzt werden. Auch die LIBOR-Zinssätze sind von der EU-Referenzwerte-Verordnung betroffen. Die für den LIBOR zuständige britische Regulierungsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) hat daher zu Beginn des Jahres 2021 die Veröffentlichung der LIBOR-Sätze, die auf GBP, CHF und JPY lauten, eingestellt.

Auch der USD-LIBOR darf seit Anfang 2022 nicht mehr für neue Finanzprodukte genutzt werden und soll per 30. Juni 2023 gänzlich abgeschafft werden. Als Ersatz wird von den Regulierungsbehörden die Verwendung des Secured Overnight Financing Rate (SOFR) empfohlen. Dieser basiert auf den Zinsen täglich fälliger Kredite, die mit amerikanischen Staatsanleihen besichert werden und wird von der US-amerikanischen Notenbank veröffentlicht

Vielfache Auswirkungen auch auf Versicherungen

Von der Umstellung ist unter anderem die Versicherungsbranche auf vielfältige Weise betroffen. Versicherungsunternehmen verwalten enorme Kapitalsummen für ihre Kunden und sind Gegenparteien bei vielen Finanzinstrumenten, die über Juni 2023 hinauslaufen. Gleichzeitig versichern sie Pensionsfonds, Investmentmanager und Finanzinstitute, die mit entsprechenden Versicherungen ihre Risiken als Emittenten von Finanzinstrumenten absichern. Viele dieser Instrumente nutzen bislang den USD-LIBOR als Referenzzinssatz sowie als Auslöser für Absicherungskontrakte und Swaps.

Dies hat auch Auswirkungen auf den über 300 Milliarden US-Dollar schweren Markt für Kredit- und politische Risikoversicherungen (CPRI). Mit Warenkreditversicherungen können Unternehmen Forderungsausfälle aus Warenlieferungen, Werk- oder Dienstleistungen absichern, während Finanzinstitute Kreditausfallrisiken mit Hilfe von CPRI absichern. Viele Versicherungsverträge sind von dem USD-LIBOR abhängig, da die zugrundeliegenden Finanzkontrakte ihn als Referenz nutzen.

Nicht zuletzt halten Versicherer eine Reihe von Instrumenten mit langen Laufzeiten, um ihre eigenen Verbindlichkeiten zu decken. Lebensversicherer und Anbieter von Rentenversicherungen setzen Derivate ein, um sich gegen Wertunterschiede zwischen Aktiva und Passiva über lange Zeiträume abzusichern. Verweise auf den LIBOR finden sich auch in Dokumenten zur betrieblichen Altersversorgung, Rückversicherungsverträgen, konzerninternen Darlehen und Abzinsungssätzen.

Implikationen für Vertragsbedingungen

Versicherungsgesellschaften sollten daher zeitnah handeln, ihre Vertragsbedingungen überprüfen und anpassen sowie in den Dialog mit ihren Kunden treten. Vielfach enthalten Verträge sogenannte "Fall-Back"-Klauseln, die das Vorgehen für den Fall regeln, dass der LIBOR nicht verfügbar ist. Entsprechende Verträge müssen nun modifiziert und mit einem alternativen Referenzzinssatz ausgestattet werden.

Insbesondere bei Kreditversicherungen sind Versicherungen auf die Zusammenarbeit mit den Finanzinstituten angewiesen. Auch die ING muss alle bestehenden Finanzkontrakte und -instrumente wie Kreditfazilitäten, die den LIBOR verwenden, auf einen neuen Benchmark-Satz umstellen. Neue Kredite müssen seit Beginn des Jahres ebenfalls einen alternativen Referenzsatz verwenden. Viele dieser Fazilitäten sind jedoch durch Versicherungspolicen oder Risikounterbeteiligungsvereinbarungen abgesichert.

Für bereits bestehende USD-LIBOR-Fazilitäten müssen Finanzinstitute die Vereinbarungen anpassen, um den LIBOR durch eine Ersatzbenchmark zu ersetzen. Neben der Änderung des Referenzzinssatzes in der Klausel über die Zinsberechnung sind bestimmte weitere Änderungen an der Fazilitätsvereinbarung erforderlich, darunter beispielweise Änderungen an Definitionen und die Beschreibung der SOFR-Berechnungsmethodik (Secured Overnight Financing Rate).

Entsprechende Anpassungen durch Finanzinstitute bedürfen unter Umständen jedoch einer Zustimmung durch die Versicherungsunternehmen. Da im Rahmen eines betroffenen Kreditvertrags kein wirtschaftlicher Wert übertragen wird, ist hier zu überlegen, ob die Versicherungsunternehmen im Rahmen des betreffenden Versicherungsvertrags auf die aufschiebende Bedingung für die Haftung oder andere Zustimmungs- oder Konsultationserfordernisse in Bezug auf die LIBOR-Änderungen verzichten. Ein solcher Verzicht erleichtert die Umstellung für die Finanzinstitute erheblich und reduziert den Verwaltungsaufwand für alle beteiligten Parteien.

Auch die Rahmenverträge müssen mit Blick auf die Klausel zur Feststellung einer Forderung angepasst werden. Die Klausel sieht vor, dass die Versicherer im Falle ausstehender Entschädigungsbeträge Anspruch auf Zinsen haben, die sich ebenfalls über den LIBOR berechnen.

Verträge, die 2022 neu abgeschlossen werden, müssen direkt den SOFR als Referenzzinssatz nutzen. Da der SOFR jedoch ein Tagesgeldsatz ist und keine Kredit-, Laufzeit- oder Liquiditätskomponente enthält, fallen die SOFR-Fixings im Allgemeinen niedriger aus als der LIBOR. Um eine wirtschaftliche Parität zu erreichen, muss daher eine geringe Anzahl von Basispunkten, der so genannte Credit Adjustment Spread (CAS), zum SOFR hinzugefügt werden. Dies kann auf zwei Arten umgesetzt werden: Entweder kann der CAS separat als Bestandteil des Zinssatzes ausgewiesen werden oder er wird in die Marge miteinbezogen. Hier würden nur der SOFR und die Marge als Kosten ausgewiesen werden. Im ersten Fall ist die neu ausgehandelte Marge mit der alten Marge im Rahmen einer LIBOR-Transaktion vergleichbar (unter sonst gleichen Bedingungen). Im zweiten Fall enthält die neue Marge eine zusätzliche CAS-Komponente. Diese ist in der Kreditvertragsdokumentation nicht mehr explizit ausgewiesen, sondern darin findet sich nur die Definition Marge, die eben um den CAS höher ausfällt als sie bei einer LIBOR-Kreditlinie ausgefallen wäre.

Mittelfristig müssen die Rahmenverträge sowohl für neue als auch für alte Kreditversicherungsverträge angepasst werden. Organisatorisch ist dabei sinnvoll, alle bestehenden Rahmenverträge auf einmal anzupassen. Bis dahin sollten neue Versicherungen um eine Bedingung erweitert werden, welche die Klausel über die Feststellung einer Forderung um einen Verweis auf den SOFR ergänzt.

Für die Versicherungsbranche bringt die Reform der Referenzzinssätze viele Umstellungen mit sich. Die operativen Auswirkungen sind enorm und stellen die Institute vor erhebliche Anstrengungen: So müssen im Zweifel Transaktionen, Kundeninteraktionen, Kontrollprozesse, IT-Systeme oder das Risikomanagement angepasst werden. Es verbleibt nur noch ein Jahr für die Umstellung und diese muss in der Regel auf Einzelvertragsbasis erfolgen. Folglich sollten Versicherungsunternehmen, wenn noch nicht umfassend geschehen, umgehend beginnen, ihr USD-LIBOR-Exposure im Portfolio zu bestimmen und in den Dialog mit Kunden und Partnern zu treten, um zeitnah erste Maßnahmen erarbeiten zu können.

ING ist u.a. im Rahmen unseres diesjährigen Insurance Days aktiv auf die Versicherungspartner zu diesem Thema zugegangen und ist im engen Austausch, um die Umstellung so effizient wie möglich für beiden Seiten zu gestalten. Auch für Neugeschäft gibt es bereits einen engen Dialog zu den Neuerungen.