Durch die Corona-Pandemie mussten in Deutschland viele Unternehmen ihre Produktion einstellen oder deutlich herunterfahren. Restaurants, Einzelhändler und Hotels waren zudem zeitweise geschlossen und viele Arbeitnehmer begannen parallel im Home Office zu arbeiten. Diese Entwicklungen bleiben nicht ohne Folgen für die Energiewirtschaft. Wie ist der Sektor bislang durch die Krise gekommen und wie kann er sich künftig krisenfester aufstellen?
Schon vor der Corona-Krise befand sich der Energiesektor inmitten eines beispiellosen Umbruchs, Stichwort: Energiewende. Vor dem Hintergrund der EU-weiten Ambition, bis 2050 „klimaneutral“ sein zu wollen, verändern sich Geschäftsmodelle massiv. Die Energieerzeugung der Zukunft wird dezentral und digital sein. Nicht nur diese Aufteilung, auch die fluktuierende Natur von Wind und Sonne erhöhen die Systemkomplexität und die Anforderungen an alle Akteure.
Mitten in dieser Entwicklung ist die Corona-Pandemie zur globalen Herausforderung geworden und hat einige neue Probleme, wie eine geringere Stromnachfrage, sinkende Preise und die schwache Solvenz von Unternehmens- und Privatkunden mit sich gebracht. Viele Stromerzeuger stehen außerdem vor organisatorischen Herausforderungen, denn das Personal zum Betrieb eines Kraftwerks kann nur begrenzt aus dem Home Office arbeiten.
Erneuerbare Energien erweisen sich als krisensicher
Trotz allem scheint der Sektor bislang aber vergleichsweise gut durch die Krise gekommen zu sein. „Das gilt insbesondere für die Betreiber Erneuerbarer Energien Kraftwerke, also Wind- und Solarparks. Wind und Sonne wehen und scheinen schließlich unabhängig von einer Pandemie, und die Preise sind in der Regel für lange Zeiträume festgelegt“, bestätigt Olaf Beyme, Head of Renewables & Power der ING.
Für die Produzenten von Strom aus herkömmlichen, in der Regel fossilen Energiequellen ist die Lage dagegen deutlich komplizierter. Der starke Rückgang der Nachfrage in der Industrie konnte durch den höheren Verbrauch der Privathaushalte nicht vollständig ausgeglichen werden. Das führte dementsprechend zu einem deutlichen Preisrückgang an der Strombörse EEX. „Sollte einer unserer Kunden durch die Entwicklungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, unterstützen wir durch kurzfristige Überbrückungskredite, KfW-Darlehen und gegebenenfalls auch durch eine flexiblere Rückzahlung bestehender Kredite. Das war aber bisher nur bei einer geringen Zahl unserer Kunden notwendig, da diese in aller Regel ausreichend vorsichtig finanziert waren“, sagt Beyme. „Alle Unternehmen werden nun gründlich prüfen, inwiefern kritische Abhängigkeiten aufgrund globaler Lieferketten reduziert werden können.“
Trend zur Nachhaltigkeit stärkt Energiesektor
Grundsätzlich, und unabhängig von der Pandemie, bietet die Energiewende neben den zahllosen Herausforderungen auch viele neue Chancen. Die zunehmende Dezentralisierung und die größere Anzahl an Marktteilnehmern erhöht zudem prinzipiell die Widerstandsfähigkeit gegen krisenhafte Ereignisse. „Nicht zuletzt setzen die Konjunkturpakete einen Schwerpunkt auf klimafreundliche Technologie – ein möglicher Push für die gesamte Branche“, so Beyme abschließend.