“In einem fortlaufenden Entwicklungsprozess ist es wichtig, sich sowohl auf kurzfristige stufenweise Prozessoptimierungen als auch auf längerfristige Innovationen, wie z.B. Blockchain, zu konzentrieren.” (Dermot Canavan, Leiter Trade Finance Services, Produktmanagement im ING Firmenkundenbereich)
Der Bereich der Handelsfinanzierung existiert schon seit Jahrhunderten. Mit dem grenzüberschreitenden Handel wächst auch die Notwendigkeit für Unternehmen und Finanzinstitute, die Risiken zu begrenzen, welche mit Transaktionen in einer fremden Umgebung und mit einem nahezu unbekannten Gegenüber einhergehen.
Zwangsläufig ist das Managen dieser Risiken komplex und langwierig. Bis heute wird die überwiegende Mehrheit von Rechnungen, Frachtbriefen oder Prüfzertifikaten in Papierform verwaltet. Da der Handel ein immer größerer Teil der globalen Wirtschaft geworden ist und die Handelsrouten länger geworden sind, hat sich der Verwaltungsaufwand in Verbindung mit der Handelsfinanzierung vervielfacht.
Für Unternehmen, die im Handel tätig sind, ist die bloße Menge an Papier eine Herausforderung. Transport, Lagerung und Verfügbarkeit relevanter Informationen sind schwierig und erhöhen Umlaufzeiten und Kosten. Für Banken bedeutet die Verwendung von papierhaften Dokumentationen vor allem komplizierte Prozesse und Verfahren.
Diese Belastungen werden durch immer strenger werdende globale, regionale und nationale Vorschriften, die eine Unmenge an Informationen über die Handelsbeteiligten erfordern, weiter verstärkt. So ist es Banken zum Beispiel verboten, den Handel bei Ländern zu unterstützen, über die Sanktionen verhängt wurden. Das Gleiche gilt, wenn ein Schiff involviert ist, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine Verbindung zu einem Land hatte, über das Sanktionen verhängt wurden. Eine papierhafte Dokumentation erschwert die hierfür notwendige Transparenz.
Neue Technologien für bewährte Prozesse
Die ING spielt eine führende Rolle bei der Finanzierung großer Rohstoffhändler und arbeitet mit SMEs und Konzernen auf der ganzen Welt zusammen. Sämtliche Prozesse und Verfahren werden dabei kontinuierlich überprüft und innovative Technologien in die Welt des Handels implementiert, um papierhafte Prozesse zu reduzieren und das Tagesgeschäft der Kunden zu erleichtern.
Primäre Ziele der ING bei der Integration digitaler Technologien in den Bereich der Handelsfinanzierung sind die Beschleunigung der Umlaufzeiten und die Vereinfachung der Interaktion zwischen der Bank und den Kunden. Sämtliche Prozesse werden gestrafft, um die Effizienz zu verbessern und die Fehlerquote zu verringern. Sich wiederholende Aufgaben werden automatisiert, um Zeit für Prozesse zu gewinnen, die einen echten Mehrwert für den Kunden darstellen. Ein weiteres Ziel ist außerdem die Einhaltung von Vorschriften, z.B. in Bezug auf die Geldwäschebekämpfung,
Eine neu von der ING vorgestellte Lösung, die auf dem von Fintech Conpend entwickelten Trafinas-Tool basiert, verwirklicht viele dieser Ziele durch den Einsatz der OCR-Technologie. Mit deren Hilfe werden Handelsfinanzdokumente gescannt und in ein maschinenlesbares Format verwandelt. Das Tool kann Transaktionen automatisieren und damit die Prozessgeschwindigkeit erhöhen. Zusätzlich werden Technologien wie machine learning und neuronale Sprachverarbeitung eingesetzt, um das Tool zu ergänzen und damit Funktionalität und Leistung weiter zu verbessern.
Die Lösung wird in der Lage sein, Tippfehler in Dokumenten wie z.B. Frachtbriefen und Packlisten automatisch zu erkennen und zu korrigieren. Wenn eine bestimmte Information auf einem Dokument nicht an der erwarteten Stelle zu finden ist, muss dank machine learning nur beim ersten Mal manuell eingegriffen werden. Wenn künftig ein ähnliches Problem auftritt, erfolgt die Korrektur automatisch.
Die Verwendung von OCR, machine learning und neuronaler Sprachverarbeitung wird die Fehlerquote in handelsbezogenen Dokumentationen deutlich verringern. Außerdem wird es durch die Digitalisierung von Handelsinformationen möglich, ein Konvolut von Dokumenten, die bisher physisch um die Welt geschickt wurden, in einer einzigen elektronischen Datei zusammenzuführen. Dadurch werden die Umlaufzeiten reduziert, die Effizienz erhöht und das Handling verbessert. Eine Liste aller an einer Transaktion beteiligten Parteien kann automatisch erstellt werden und ermöglicht den unmittelbaren Abgleich mit z.B. Sanktions- oder Geldwäschelisten.
Warum Blockchain ein Impulsgeber für die Handelsfinanzierung ist
Die ING setzt nicht nur bereits vorhandene Technologien wie die OCR zur Effizienzverbesserung von Handelsfinanzierungsprozessen ein, sondern strebt auch immer danach, die neuesten Innovationen im Dienst der Kunden einzusetzen. In den letzten Jahren ist eine Reihe von neuen Technologien entstanden, die enormes Einsparpotenzial für die Handelsfinanzierung bergen – allen voran die Blockchain-Technologie.
Blockchain ist eine Technik distributed ledger, die alle Transaktionen in verschlüsselter Form speichert, sodass die Daten nicht gefälscht werden können. Es ist daher eine ideale Technologie zur Handelsfinanzierung, die mindestens vier Parteien einbindet: Exporteure, Importeure und ihre jeweiligen Banken. Alle diese Parteien müssen jederzeit wissen, wer der Besitzer der versendeten Waren ist; alle müssen die Transaktion verbuchen, Gebühren zahlen und weitere Prozesse durchlaufen.
Da Blockchain sicher und in Echtzeit von allen Beteiligten aktualisiert werden kann, bietet es eine für alle sichtbare und verbindliche Abbildung der Realität. Diese ist in firmeninterne Prozesse integrierbar und kann z.B. steuern, wann die Abrechnung für eine Transaktion erfolgen soll. Möglicherweise lassen sich handelsbezogene Blockchain-Informationen künftig so in die Buchhaltung integrieren, sodass zusätzliche manuelle Prozesse entfallen und die Effizienz weiter gesteigert werden kann.
Derzeit arbeiten Unternehmen und Initiativen an handelsbezogenen und dialogfähigen Blockchain-Lösungen – die ING unterstützt hier die Entwicklung von branchenweiten Standards. Die ING und Dutzende andere Banken haben 107 Millionen Dollar in R3 investiert, ein Konsortium, das eine Technik Distributed ledger für Finanzunternehmen entwickelt. In Partnerschaft mit Calypso und dem R3-Konsortium wurden kürzlich erste Tests einer Blockchain-getriebenen FX-Handelsplattform durchgeführt und ein Ölgeschäft mit Blockchain abgewickelt.
Offen für Innovationen
Banken haben nicht länger das Monopol auf innovative Finanzdienstleistungstechnologien. Deshalb begrüßt die ING sowohl Konkurrenz als auch Kooperation und legt großen Wert auf die Zusammenarbeit mit verschiedensten Partnern – auch mit anderen Banken und FinTechs.
Aktuell kooperiert die ING mit mehr als 100 FinTechs: Die Blockchain-basierte Technologie, die im vergangenen Jahr vom FinTech-Bootcamp-Gewinner Easy TradING Connect entwickelt wurde, wurde Anfang 2020 von der ING zum Abschluss von Ölgeschäften eingesetzt. In ähnlicher Weise hat die ING bei ihrer Handelsautomatisierungslösung mit Conpend zusammengearbeitet, wohingegen Konsortien wie R3 eine wichtige Rolle bei der Blockchain-Strategie der ING spielen.
Durch die Kombination der Dynamik und Innovation von Start-ups mit der Erfahrung, dem Wissen, dem Netzwerk und dem Bekenntnis zur Zusammenarbeit mit anderen Banken, werden ING-Kunden kurz-, mittel- und langfristig den maximalen Nutzen aus den neuesten technologischen Entwicklungen ziehen können.