Um Avale rechtssicher und effizient zu verwalten, hilft die Digitalisierung der Dokumente. Die Vorteile eines zentralen Avalmanagements sind vielfältig.
Avale werden in Unternehmen oft noch papierhaft und dezentral verwaltet und aufbewahrt. Ohne ein zentrales Avalmanagement und systematische, sichere Aufbewahrungsmethoden ist nicht nur das Risiko erhöht, dass Avaldokumente verloren gehen oder beschädigt werden. Zudem besteht eine immanente Gefahr von Fälschungen, da dezentral eine qualifizierte Kontrolle und Überprüfung der Echtheit von Avalen meist ausbleiben. Ferner kann eine unzureichende Inhaltsprüfung dazu führen, dass ein Aval seinem Sicherungszweck nicht entspricht oder ungewollt verfällt. All diese Faktoren können negative materielle Effekte auf den Unternehmenserfolg haben. Ein zentrales digitales Avalmanagement kann Abhilfe schaffen und zur Professionalisierung der Allokation von Kontrahentenrisiken beitragen.
Zentrale digitale Verwaltung
Um ein effizientes und digitales Avalmanagement einführen zu können, muss zunächst ein unternehmensweiter Prozess etabliert werden, bei dem alle eingehenden Avale an einer zentralen Stelle zusammengeführt werden können. Sobald Bürgschaftsnehmer ihre Avale in einer zentralen elektronischen Datenbank hinterlegen, haben sie jederzeit Zugriff auf ihre Dokumente. Dies reduziert den Aufwand für die Suche nach physischen Unterlagen. Zudem können Avale innerhalb von Sekunden an Dritte übermittelt werden. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit zwischen den involvierten Abteilungen des Avalgeschäfts sowie mit beteiligten Banken, verbessert. Dank moderner Verschlüsselungstechnologien und Authentifizierungsverfahren können Avaldokumente vor unbefugtem Zugriff geschützt werden. Zudem wird eine revisionssichere Archivierung gewährleistet, was insbesondere im Hinblick auf mögliche rechtliche Auseinandersetzungen von großer Bedeutung ist. Durch die Möglichkeit, sämtliche Schritte digital nachvollziehen zu können, sinkt zudem die Gefahr des Verlusts oder der Manipulation von Dokumenten.
Wirksamkeit digitaler Avale bei Handelsgeschäften
Es ist eine weit verbreitete Fehleinschätzung, dass Bürgschaften nach deutschem Recht immer papierhaft ausgestellt und mit einer Unterschrift versehen sein müssen. Dieser Irrtum rührt daher, dass § 766 Satz 1 BGB zur Gültigkeit eines Bürgschaftsvertrags die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung verlangt und Satz 2 zudem die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form explizit ausschließt. Das Handelsgesetzbuch definiert jedoch eine Ausnahme: Auf eine Bürgschaft finden die Formvorschriften von § 766 Satz 1 und 2 BGB keine Anwendung, sofern die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen ein Handelsgeschäft ist (§ 350 HGB). Garantien unterliegen überdies nach deutschem Recht keinen spezifischen Regelungen. Der Gesetzgeber hat sich bei der Konzeption von BGB und HGB darauf beschränkt, nur den Bürgschaftsvertrag gesondert zu regeln. Garantien können daher grundsätzlich auch elektronisch ausgestellt und übermittelt werden.
Durch die Zentralisierung und Digitalisierung des Avalmanagements können Unternehmen und Banken gleichermaßen ihre Prozesse optimieren, den Verwaltungsaufwand reduzieren und von einer erhöhten Rechtssicherheit profitieren. Die digitale Transformation des Avalgeschäfts eröffnet somit neue Möglichkeiten und trägt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit bei.
Gastbeitrag von Ludger Janßen, Geschäftsführer und Co-CEO, Digital Vault Services GmbH und Christian Voitl, Vice President, Transaction Services Products, ING Deutschland.
Der Treasurer 03/23, 22.09.2023