Die Automobilbranche befindet sich im Umbruch: Der Klimawandel und die Digitalisierung führen zu einem fundamentalen Wandel in den Anforderungen an und die Bereitstellung von Mobilität. Nachhaltige Aspekte gewinnen mit jedem Jahr an Bedeutung, sei es bei Verbraucherinnen und Verbrauchern, die verstärkt Elektroautos nachfragen oder bei Investoren und Finanzierungsgebern, die Klimarisiken im Portfolio steuern und Reputationsschäden vermeiden wollen. Eine nachhaltigere Mobilität wird daher in den kommenden Jahren weiter im Fokus der Automobilbranche stehen. Gleichzeitig führen die Digitalisierung und technologischer Fortschritt zu einem immer größeren Interesse am Autonomen Fahren. Schon für sich alleine ist jeder dieser Trends eine enorme Herausforderung, zusammen stellen sie die vermutlich größte Umwälzung dar, die der Automobilsektor bisher bewältigen musste. Allein die Umstellung auf Elektroautos setzt massive Investitionen in Forschung und Entwicklung voraus und erfordert eine Umstellung der gesamten Wertschöpfungskette – zusätzlich zu dem Aufbau einer neuen Infrastruktur, etwa in Form von Ladestationen. Shared Mobility und Autonomes Fahren stellen das bisherige Geschäftsmodell der Branche grundsätzlich in Frage, da sie den gesellschaftlichen Umgang mit Autos verändern und voraussichtlich eine Reduzierung der Absatzzahlen mit sich bringen.
Der Wandel ist nicht aufzuhalten: Alleine in Deutschland wurden im Januar - Juni 2023 laut Kraftfahrt-Bundesamt rund 300.000 neue Fahrzeuge mit Elektroantrieb zugelassen – mehr als 20 Prozent der Gesamtneuzulassungen. Auch andere europäische Länder wie Großbritannien oder Frankreich haben 2022 mit 17 bzw. 14 Prozent bereits einen signifikanten Anteil an Elektrofahrzeugen erreicht. Weltweit geht der Trend ebenfalls klar in Richtung Elektrifizierung: Waren Anfang 2022 noch ca. 16 Millionen Elektroautos unterwegs, wurden im Laufe des Jahres bereits über 10 Millionen E-Fahrzeuge neu zugelassen.
Mehr Nachhaltigkeit durch effizientere Antriebstechnologie
Dabei steigt nicht nur die Nachfrage der Verbraucher, auch die Regierungen drängen mit Blick auf den Klimawandel auf die CO2-Reduktion. Angesichts zunehmend extremer Wetterereignisse wie Waldbrände, Hitzewellen, Trinkwasserprobleme oder Überflutungen haben viele Länder den Klimaschutz in den vergangenen Jahren in Gesetzen und Verordnungen zementiert und etwa die CO2-Emissionsvorgaben deutlich verschärft. Automobilhersteller achten darauf, sowohl in der Herstellung als auch bei den produzierten Fahrzeugen die CO2-Emissionen zu reduzieren.
Dabei spielt die Effizienz der Energienutzung eine wichtige Rolle. Verbrennungsmotoren verfügen nur über eine Effizienz von knapp 40 Prozent, während sie bei Elektromotoren bei über 90 Prozent liegt. Da der Wirkungsgrad von elektrischen Antrieben also mehr als doppelt so hoch ist wie bei Verbrennungsmotoren, lässt sich so der Energieeinsatz in der Nutzung und somit die Belastung für das Klima halbieren.
Entsprechend haben sich mittlerweile fast alle großen Autohersteller dazu verpflichtet, den Anteil an Elektroautos zu erhöhen und die Produktion und den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotor schrittweise einzustellen. In Europa etwa wird hier in der Regel das Jahr 2030 bis 2035 angestrebt. Für die Automobilhersteller stellt der Übergang - und sein Tempo - eine enorme strategische Herausforderung dar, welche die Umstrukturierung von Organisationen sowie die Überarbeitung von Produktportfolios und Produktionsstandorten beinhaltet. Die Elektrifizierung der Automobilindustrie bedeutet eine größere Materialintensität und eine verstärkte Verlagerung der Wertschöpfung in die vorgelagerte Produktionskette. Die Haupttreiber für zukünftiges Wachstum in dieser Wertschöpfungskette werden vor allem elektrische Systeme und Komponenten wie Batterien, Elektromotoren, Leistungselektronik und Brennstoffzellen sein. Daraus ergeben sich Veränderungen in der Produktion und Logistik: Batterien für E-Autos wiegen teils bis zu 700 kg und gelten als Gefahrgut. Sie stellen daher deutlich andere Anforderungen an den Transport und die Lagerung. Infolgedessen ist zu erwarten, dass die Automobilhersteller verstärkt auf sogenanntes Nearshoring setzen, d.h. die Herstellung der wichtigen Bauteile wird näher an die Fertigung verlagert und die gesamte elektromobile Produktionskette wird sich räumlich stärker in Richtung der Endkunden bewegen.
Neue Player drängen auf den Markt
In China werden bereits 98 Prozent der verkauften Elektroautos im Inland gebaut. In Europa und den USA sind es erst 76 und 70 Prozent. Es ist zu erwarten, dass dieser Wert sich in den kommenden Jahren deutlich steigern wird. Dabei sind viele Automobilhersteller abhängig von China. Das Land ist sowohl bei der Förderung und der Verarbeitung wichtiger Rohstoffe wie Lithium oder Silizium wie auch bei der Batterieproduktion weltweit führend. Im Jahr 2021 lieferte China 75 Prozent der weltweiten Batteriekomponenten und neun von zehn Dauermagneten werden ebenfalls dort hergestellt. Aus diesem Grund investieren viele Automobilhersteller derzeit große Summen in den Aufbau von Produktionskapazitäten für Batterien und planen den Bau von Gigafabriken, während gleichzeitig die USA und die EU grundsätzlich über Strategien zur Reduzierung der Rohstoffabhängigkeit von China nachdenken.
Neben diesen Herausforderungen ergreifen viele Unternehmen aber auch die Chance, welche die Elektrifizierung für einen Einstieg in den Automobilmarkt bietet. Die Produktion von Elektroautos ist einfacher als der Bau von Autos mit Verbrennungsmotoren, damit haben traditionelle Autohersteller einen Großteil ihres Technologievorsprungs verloren. Insbesondere in China wurden viele Elektromarken wie Aiways, NIO, Xpeng oder BYD gegründet, die nach dem Erfolg in ihrem Heimatmarkt nun verstärkt die internationale Expansion ins Auge fassen. Sie profitieren dabei von einem entwickelten lokalen Lieferkettennetzwerk für E-Fahrzeuge und ihrer Nähe zur Batterieherstellung. Es ist zur erwarten, dass sie in den kommenden Jahren weltweit verstärkt Marktanteile gewinnen. Dabei wird jedoch oft vergessen, wie schwer es ist, in den globalen Automobilmarkt einzusteigen. In den vergangenen dreißig Jahren ist dies nur wenigen wie zum Beispiel Tesla, Toyota und Hyundai-Kia erfolgreich gelungen. Etablierte Automobilhersteller verfügen weiterhin über einen Marken- und Netzwerkvorteil, der sich nicht so leicht aufholen lassen wird.
Der Kapitalbedarf ist enorm
Ohne deutliche Investitionen wird die Branche den Wandel nicht stemmen können. Ein großer Teil des Kapitalbedarfs ergibt sich insbesondere aus der Umstellung der Produktionsprozesse, der Ausweitung der Batterieproduktion und dem Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Hier kommt die ING ins Spiel: Mit einem Kreditportfolio von über 2,4 Milliarden Euro im Bereich Automotive unterstützt die ING ihre Automobilkunden u.a. bei der Finanzierung der Umstellung auf Elektromobilität, indem sie etwa Kapitalgeber für den Aufbau der neuen Wertschöpfungskette ist oder Investitionen in die Infrastruktur wie Batteriewerke bereitstellt.
Die ING hat vor einigen Jahren begonnen, ihr gesamtes Kreditbuch am Klimaziel des Pariser Abkommens auszurichten. Dazu nutzt die Bank ihren eigens entwickelten Terra-Ansatz, mit dem sie die Emissionen ihres Kreditportfolios misst und ihre Kunden dabei begleitet, ihre Klimaziele im Einklang mit den Netto-Null-Zielen für 2050 zu erreichen. So arbeitet die ING kontinuierlich darauf hin, einen höheren Anteil von Elektro- und Hybridfahrzeugen in der von ihren Kunden produzierten Fahrzeugflotte zu erreichen sowie Veränderungen der Unternehmensstruktur und der Produktion insgesamt anzustoßen.
Die ING ist mit ihren Kunden immer wieder im Gespräch, um das Thema Nachhaltigkeit weiter voranzutreiben. So lässt sich im Rahmen der Elektrifizierung der Ressourcenverbrauch noch deutlich senken, wenn beispielsweise die für die Batterien benötigten Ressourcen im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft recycelt und immer wieder genutzt werden. Davon würden wir sogar mehrfach profitieren: Erstens ließe sich so das große Problem der Abhängigkeit von China mindern, die Umwelt würde geschützt und der Verbrauch von Rohstoffen, die nicht unendlich verfügbar sind, würde reduziert. Noch ist das jedoch Zukunftsmusik, da das Recycling sehr kostenintensiv und die Beschaffung von neuen Rohstoffen im Vergleich günstiger ist. Entsprechende regulatorische Vorgaben könnten die Bereitschaft, in Kreislaufmodelle zu investieren, erhöhen. Mit ihrer Sektorexpertise ist die ING für ihre Kunden ein wichtiger Partner, wenn es darum geht, sich auf die neuen Herausforderungen einzustellen und sie nutzen.
Unsere Gesellschaft ist dabei, sich in Richtung einer CO2-armen Wirtschaft zu entwickeln. Daran wirken sowohl unsere Kunden als auch wir als ING mit. Wir finanzieren eine Reihe nachhaltiger Vorhaben, aber wir finanzieren auch immer noch mehrheitlich Projekte, die nicht nachhaltig sind. Erfahren Sie auf ing.com/climate, welche Fortschritte wir bei der Transition machen.